Neurodermitis: Symptome aushalten ist keine Option
Manchmal dauert es Jahre, bis man merkt: Das Leben mit Neurodermitis muss nicht so sein, wie es gerade läuft. Viele Betroffene kennen diesen quälenden Juck-Kratz-Kreislauf, die anhaltende Schlaflosigkeit und das Gefühl, irgendwann einfach aufzugeben. Auch Julia hat diese Erfahrungen gemacht. Doch dann kam der Moment, an dem sie beschloss, die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen.
Im Gespräch mit Tanja Renner, Gründerin und Vorständin der Patient*inneninitiative NIK e.V., erzählt Julia von ihrem Weg – von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit hin zu neuer Kraft, Energie und Lebensqualität. Ein langer Weg. Denn seit ihrer frühesten Kindheit traten bei Julia immer wieder Neurodermitis-Schübe auf, mit unkontrollierbaren Kratzattacken und schmerzende, sichtbare Ekzeme. „Es war mein Alltag – ich dachte, das sei normal…“, erinnert sie sich rückblickend. Und sie beschreibt den Moment, der alles veränderte, als Aufbruch mit einer klaren Entscheidung: „Ich will das so nicht mehr.“
Das vollständige Gespräch findest du als Video unten im Blogbeitrag.
Julias Weg: Vom Aushalten zum Mitgestalten
Die Psychotherapeutin in Ausbildung begann, ihre Krankheit aktiv in die Hand zu nehmen: Sie informierte sich über neue Therapieoptionen und sprach offen mit Ärzt*innen über ihre Wünsche und Ziele. Julia erzählt, wie sie mehrere Optionen testen musste, bis sie die passende Behandlung gefunden hatte. Aber Aufgeben war für Julia keine Option. Ihr Ziel blieb: Beschwerdefreiheit. „Es hat mich viel Kraft gekostet, aber es lohnt sich, den Weg zu gehen“, bekennt sie und empfiehlt: „Setz dir hohe Therapieziele – man darf den hohen Anspruch haben.“
Moderne Therapieoptionen: Was Behandlung von innen heraus bedeutet
Die Neurodermitis-Therapie hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Neben der Basispflege – einer täglich intensiven Hautpflege mit rückfettenden Cremes und milder Reinigung – gibt es für moderate und schwere Neurodermitis neue systemische Therapien, sogenannte JAK-inhibitoren und Biologika. Sie greifen von innen heraus gezielt in den krankhaft entgleisten Entzündungskreislauf ein und lindern die Symptome somit effektiv. Was wichtig ist: Nicht jede Therapie wirkt bei jedem gleich. Im Umgang mit Neurodermitis gilt dabei vor allem: dranbleiben und neue Wege ausprobieren.
Erfolgskonzept: aktive Patientinnen und Patienten mit hoher Eigeninitiative
Ein zentrales Thema im Gespräch von Julia und Tanja: die Rolle der Patientinnen und Patienten im Therapieprozess. Julia ermutigt andere Betroffene, ihre Bedürfnisse klar zu äußern und aktiv an ihrer Behandlung mitzuwirken. „Ich habe gelernt: Wenn ich nicht sage, was ich brauche, weiß es mein Arzt auch nicht.“ Und Tanja ergänzt: „Die Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten ist wie in einer Partnerschaft. Man muss miteinander reden. Und wenn man nicht miteinander redet, bekommt man auch nicht mit, was der andere will.“
Zusammenarbeit und Vorbereitung – Arztgespräch als Teamwork verstehen
Damit moderne Behandlungswege optimal funktionieren können, ist Eigeninitiative und gute Kommunikation gefragt. Julias und Tanjas wichtigste Tipps für eine erfolgreiche Therapie:
- Bereit deine Arztgespräche akribisch vor. Notiere dir vorab alle Beschwerden, Wünsche und Therapieziele. Dokumentiere deinen Hautzustand mit Fotos und bring deine Beobachtungen mit zum Termin.
- Formuliere deine Ziele und es dürfen ruhig hohe Ziele sein. Was willst du persönlich erreichen? Was bedeutet „Therapie-Erfolg“ für dich? Weniger Juckreiz? Durchschlafen? Ebenmäßiges Hautbild? Beschwerdefreiheit?
- Sei mutig und öffne dich in der Kommunikation. Sprich auch über psychische Belastungen, Unsicherheiten und Ängste.
- Suche aktiv nach einer Hautärztin bzw. einem Hautarzt, die auf deine Fragen eingehen und gemeinsam mit dir die beste Behandlung finden – manchmal braucht es Geduld und den Willen, solange weiter zu suchen, bis man sie gefunden hat. „Das kann ein schwerer Weg sein, aber besser, als mit dem Mittelmaß leben zu müssen“, findet Tanja.
Ihr Credo: Mit Wissen, Eigeninitiative und der richtigen Unterstützung – etwa durch Netzwerke wie NIK e.V. – können Patient*innen heute mehr erreichen als je zuvor. Die Zeiten des „Aushaltens“ sind vorbei. Stelle hohe Therapieziele, bereite dich vor und sprich offen aus, was du brauchst. Es lohnt sich, dranzubleiben – damit deine Haut wieder strahlt und das Leben genießen kannst. Davon berichtet auch Julia und erzählt von neugewonnener Energie, besserem Schlaf – und der Freiheit, besondere Momente wie ihre Hochzeit ohne ständigen Juckreiz zu genießen. Ihr Appell: „Der Weg kann lang und mühsam sein – aber es lohnt sich wirklich, dranzubleiben.“
Über NIK e.V.
Tanja Renner hat mit NIK e.V., das Netzwerk Autoimmunerkrankter (https://www.nik-ev.de/), eine Initiative ins Leben gerufen, die Betroffene und Angehörige in ganz Deutschland unterstützt. Dabei geht es nicht nur um Informationen, sondern auch um Mut, Hoffnung und praktische Hilfe: von digitaler Aufklärung über Veranstaltungen mit Ärzt*innen, Therapeut*innen und Patient*innen bis hin zu persönlicher Begleitung bei der Suche nach passenden Fachärzt*innen.
Auf den Social-Media-Kanälen von NIK e.V. sowie auf YouTube werden regelmäßig Geschichten von Betroffenen geteilt. Denn nichts ist so ermutigend wie echte Erfahrungen, die zeigen: Es gibt Wege, es gibt Optionen, und es gibt Hoffnung.
Willst du Julias vollständige Geschichte hören? Dann schau dir das vollständige Interview mit ihr und Tanja Renner an:
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